Verkaufen auf dem Weihnachtsmarkt und eine nicht ganz ernstgemeinte Persönlichkeitsstudie

Welcher Weihnachtsmarkt-Kunde bist du? Die Stille, der Chaot, die Spontane oder… Finde es mit meiner Analyse heraus 😉

Verkaufen auf dem Weihnachtsmarkt ist eine spannende Sache. Nicht nur, dass man hinter die Kulissen der Adventszeit eintaucht, dorthin wo die Geschenke unter dem Baum herkommen. Man begegnet hinter dem Verkaufstresen einer Weihnachtsmarktbude so unglaublich vielen unterschiedlichen Menschen und ihren ebenso unterschiedlichen Kaufverhalten.

Ich kann das nur jedem empfehlen, der mit dem Thema Verkaufen zu tun hat. Man lernt dort eine ganze Menge über den Verkaufsprozess und wie unterschiedlich Menschen zu ihren Entscheidungen gelangen. Und auch, bei welchen Menschen ein Verkaufsgespräch nicht zum Ziel führen wird.

Mit einem Augenzwinkern habe ich hier eine Kunden-Typisierung der Weihnachtsmarktbesucher erstellt. Vielleicht entdeckst du dich auch selbst darin wieder und ebenso deine Kundinnen.

Wenn du ein Gespür dafür entwickelst, mit wem du wirklich zusammenarbeiten möchtest, kannst du deine Aufmerksamkeit ganz auf diese Menschen richten. Und du wirst frühzeitig erkennen können, wann eine Kundin Stress bedeutet und eine Zusammenarbeit mit ihr vorzeitig abblocken. Das gilt nicht nur für den Weihnachtsmarkt.

Die Persönlichkeitstypen von Weihnachtsmarkt-Besuchern

14 Typen der typischen Weihnachtsmarktbesucher habe ich ersonnen, in die ich wiederkehrende Beobachtungen aus meiner Verkaufstätigkeit auf Weihnachtsmärkten einfließen lassen habe. Diese Beschreibungen sind absichtlich völlig überspitzt dargestellt und wirken vielleicht sogar etwas bissig.

Sie entspringen aber alle der herzlich zugewandten Faszination über das menschliche Dasein und wie unterschiedlich wir diese Welt wahrnehmen und mit ihr interagieren.

Prüfe selbst, ob du dich oder deine Kunden in der ein oder anderen Beschreibung wiederfinden kannst. Und los geht’s.

Die Stillen

Sie fassen alles mit Bedacht und großer Vorsicht an. Fragen auch meistens vorher, ob anfassen in Ordnung ist. Ihre Entscheidungsfindung läuft still und heimlich ab. Oft widmet man ihnen wenig Aufmerksamkeit, weil sie eine Aura des Sieh-mich-bitte-nicht-an um sich haben. Eine Preisauskunft oder Größenangabe reicht ihnen meist. Wenn sie dann plötzlich mit einem Teil vor dir stehen, das sie kaufen wollen, ist man fast überrascht, weil der Kaufprozess so unsichtbar abgelaufen ist, dass man gar nicht damit gerechnet hat, dass er in der Entstehung war.

Manchmal wird er offensichtlicher, wenn etwas an- oder ausprobiert wird. Aber diese Kunden sind so schwer zu erfassen, dass auch das noch nichts heißen muss. Genauso gut könnten sie danach wieder still und heimlich verschwunden sein, ohne etwas gekauft zu haben.

Die Kenner

Das sind die absoluten Traumkunden. Sie erkennen den Wert deiner Waren bereits auf 20 Meter Entfernung und suchen passenderweise gerade genau das, was du an deinem Stand ausliegen hast. Sie sind schnell entschieden und benötigen meist keine weiteren Infos. Sie fragen noch nicht einmal nach dem Preis und haben schon die Karte gezückt, bevor du überhaupt fragen kannst „Bar oder Karte?“

Nach diesem Kauf lächeln beide, Kundin wie Verkäuferin. Ein Verkauf auf Augenhöhe, bei dem sich beide Seiten ohne viele Worte verstehen. Die Käuferin weiß genau, das die Ware ihren Preis wert ist und sie sich diesen Preis selbst ebenfalls. Perfekter Match.

Die Gönner

Sie sehen in deiner Auslage potentielle Weihnachtsgeschenke für ihre Liebsten. Dann werden Wunschlisten und Geschenkideen mit der Auslage abgeglichen. Manchmal fällt ihnen eine Ware spontan ins Auge und wird mit einer Person assoziiert, für die man gerade etwas sucht.

Sie suchen bei der Verkäuferin Unterstützung, wenn sie mit Größen oder Farben unsicher sind und lassen sich gerne beraten. Am Ende des Entscheidungsprozesses sehen sie klar und legen entweder die Ware zurück, weil es doch nicht das Richtige ist oder kaufen sie mit dem Wissen, etwas Schönes für die Liebsten gefunden zu haben.

Als Verkäuferin freut man sich dann, bei einer schönen Bescherung zu Weihnachten im Hintergrund mitgewirkt zu haben.

Die Spontanen

Ihnen fällt am Stand spontan etwas ins Auge und sie stürzen sich begeistert darauf. Es wird probiert und eigentlich ist schon alles klar. Manchmal müssen sie noch einen Moment kokettieren, ob sie ihrer spontanen Kauflaune jetzt wirklich nachgeben dürfen. Dafür holen sie sich einen kurzen Zuspruch von der Verkäuferin oder ihrer Begleitung. Aber alle wissen, das Ding ist schon gekauft.

Die Zögerlichen

Eigentlich wissen sie, dass sie etwas gerne hätten oder sind schon lange auf der Suche danach. Aber dann, wenn der Moment der Entscheidung ansteht, werden sie plötzlich ganz unsicher. Sie überlegen hin und her, drehen sich zehnmal vorm Spiegel. Und sind doch nicht fähig eine Entscheidung zu treffen. Manchmal spielen auch finanzielle Bedenken mit.

Diese Kunden benötigen Unterstützung. Entweder durch ein ehrliches Verkaufsgespräch oder durch den Zuspruch ihrer Begleitung, meist die Kombination aus beidem. Nach langem inneren Ringen sind sie irgendwann soweit. Und dann fällt ihnen eine Last von den Schultern und sie können sich über das neu erworbene Teil sehr freuen.

Die Luxus-Diva

Sie ist kaufwillig und gönnt sich gerne etwas. Sie braucht aber das Prozedere eines aufwändigen Kaufprozesses und maximale Begleitung in ihrer Entscheidungsfindung. Sie kann die Aufmerksamkeit über eine längere Zeit beanspruchen. Mehrmals muss sie die Stücke probieren, ihre gesamte Wohnungseinrichtung oder den Inhalt des Kleiderschranks überdenken und wie diese mit dem neuen Stück harmonieren würden.

Wenn sie mit ihrer Entscheidung durch ist, zückt sie ohne mit der Wimper zu zucken die Karte und bezahlt. Vielleicht noch mal mit einer kleinen Bemerkung auf ihren Status, ihre bereits gemachten Erfolge, die nächsten geplanten (teuren) Urlaubsorte oder Marken, die sie trägt oder Zuhause hat.

Entziehst du ihr während des Kaufprozesses wegen anderer Kunden zu oft die Aufmerksamkeit, kann es passieren, dass sie beileidigt geht ohne zu kaufen. Sie ist die Nummer Eins und so möchte sie auch behandelt werden.

Die unentschlossenen Madigmacher

Ihnen gefällt ein Produkt. Aber sie wollen den Preis dafür nicht zahlen. Also brauchen sie Bedenkzeit. Manchmal gehen sie dann mit der Bemerkung, dass sie später noch mal wiederkommen wollen. Meist sieht man sie dann nie wieder.

Manchmal kommen sie doch wieder. Brauchen weitere Argumente. Doch suchen sie vor allem nach solchen, die sie weiter darin bestärken, dass sie sich das Objekt der Begierde doch nicht kaufen sollten. Sie gehen, ohne gekauft zu haben.

Die Geizigen und Schnäppchenjäger

Sie wollen immer den Preis drücken. Egal was aus dem Preisschild steht: „Kann man da noch was am Preis machen?“ Sie untersuchen die Ware akribisch, ob sich nicht irgendwo etwas finden lässt, was einen Preisnachlass begründen könnte.

Sie können auch drohen, gibst du keinen Preisnachlass, dann gehen sie und kaufen woanders. Lass sie dahinziehen. Sollen sie ihre Preisspielchen woanders machen. Sie werden auch die ersten sein, die wieder vor dir stehen und eine Reklamation vortragen. Zu viel Stress.

Lässt man sich auf die Preisspielchen ein, fühlt man sich danach meistens unwohl und nicht wertgeschätzt.

Die taktilen Chaoten

Alles, wirklich alles muss einmal angefasst werden. Es geht weniger darum, etwas zu kaufen, sondern das Markterlebnis mit allen Sinnen zu genießen. Sie rupfen die Ware aus den Körben und Regalen, fühlen, riechen, probieren an und aus…

Oft vergessen sie sogar Hallo zu sagen, weil ihre Augen nur auf das gerichtet sind, was ihre Aufmerksamkeit in der Auslage eingefangen hat. Dabei wird alles lautstark kommentiert, Freudenschreie über dieses oder jenes ausgestoßen und wenn sie wieder gehen, meistens ohne etwas gekauft zu haben, braucht der Stand eine Generalüberholung und die Verkäuferin darf erst mal wieder sortieren und einräumen.

Die Selbstwertbefreiten

Das sind die unscheinbaren Menschen, die gerne mal übersehen werden. Vielleicht haben sie ein hartes Leben oder schwere Schicksalsschläge zu überstehen. Immer untere Einkommensklasse, wenig finanzieller Spielraum. Oft sind es herzliche Menschen. Überspitzt nenne ich sie die Selbstwertbefreiten. Sich selbst etwas gönnen? Undenkbar. Man würde ja gerne. Aber nein. Das geht nicht. Zu teuer. Zu verwegen. Zu abwegig. Das bin ich (mir) nicht wert… Und das Geld dafür ist eh nicht da.

Manchmal möchte man diesen Menschen dann am liebsten etwas schenken, um sie aufzumuntern. Das geht in solchen Momenten auch mit einem freundliche Lächeln und einem Moment meiner Zeit. Auch wenn ich weiß, dass sie nichts kaufen werden, dürfen sie die Ware probieren, anfassen und sich an ihrem Anblick erfreuen. Und man kann ihnen Mut zusprechen, dass auch sie etwas wert sind. Manchmal erlebt man dann auch eine Kaufüberraschung, mit der man gar nicht gerechnet hat. Und gerne enden diese berührenden Begegnungen mit einem Gefühl der Dankbarkeit auf beiden Seiten.

Die Opfer

Sie haben vielleicht ein hartes Leben, Krankheit oder Schicksalsschläge zu erdulden, sind aber nicht herzlich wie die Selbstwertbefreiten, sondern verbittert oder jammern. Das ist sogar verständlich. Dennoch führt es dazu, dass sie zum Ausgleich am liebsten alles geschenkt oder für einen Bruchteil des eigentlichen Preises hätten. Das aber eher fordernd.

Ohne es selbst zu merken, haben sie sich in ihrem Opferdasein fest eingerichtet. Auch wenn man wegen ihres Schicksals gerne Mitleid mit ihnen hätte, fühlt man sich von ihnen auf eine Art unangenehm berührt und ist froh, wenn sie wieder weg sind.

Sie kaufen in der Regel nichts. Lassen dich unter Umständen aber mit einem schlechten Gewissen zurück, dass du ihnen nicht geben wolltest, was sie in ihrem Elend für einen Moment aufgemuntert hätte.

Die Einsamen

Sie kommen ohne konkrete Kaufabsicht an den Stand oder erwerben eine Kleinigkeit als Vorwand, um am Stand stehenbleiben zu können. Für sie ist der Weihnachtsmarkt eine Gelegenheit, ihrer Einsamkeit für ein paar Momente zu entkommen. Sie unterhalten sich gerne und können eine willkommene Abwechslung sein, wenn gerade nicht viel zu tun ist.

Es können herzliche Begegnungen und tiefe, ehrliche Gespräche mit ihnen entstehen. Manchmal darf man sich aber auch ganz klar abgrenzen, um nicht von der Einsamkeit des Gegenübers völlig vereinnahmt zu werden und um das Tagesgeschäft nicht zu stören.

Trotz allen Mitgefühls muss man sich manchmal in Erinnerung rufen, dass eine Weihnachtsmarktbude eine profitorientierte Einrichtung ist und keine soziale Auffangstation. Dennoch darf und sollte Raum für Menschlichkeit sein.

Als feinfühlige Verkäuferin muss man in diesem Zuge allerdings lernen, mit dem Weltschmerz und dem Elend (gerade in Großstädten) umzugehen und sie zu händeln, ohne davon innerlich mitgerissen zu werden.

Die Misstrauischen

Sie wittern immer und überall über den Tisch gezogen und betrogen zu werden. Sie werden mindestens 30 Nachfragen stellen und dir auch dann noch nicht wirklich glauben. Wenn sie überhaupt kaufen, dann nur nach einem endlosen Beratungsgespräch, wo du alle Fakten, die du hast, offenlegen und bis ins letzte Detail erklärt haben musst. Jedes Zögern in einer Antwort von dir wird sofort negativ gewertet und hinterfragt und all deine Antworten auf Herz und Nieren überprüft.

Der Verkauf gleicht einem taktischen Verhör und am Ende bist du völlig erledigt. Wenn du Glück hast, wurde danach etwas verkauft, wenn nicht, nimm es dir nicht zu Herzen, es lag nicht an dir. Und beim nächsten Misstrauischen darfst du das Gespräch frühzeitig beenden.

Die Pseudo-Interessierten

Sie bleiben mit genügend Sicherheitsabstand zur Bude stehen, als ob bereits bloßes Gucken sie zum Kauf nötigen würde. Falls man sie anspricht, antwortet sie „Ich will nur mal gucken“, ohne den Abstand zu verringern, so dass sie unmöglich wirklich etwas richtig sehen können. Oder es kommt das Totschlagargument „Wir sind gerade erst angekommen.“

Eigentlich haben sie nicht wirklich Interesse und werden auch schnell weitergehen. Deine Ware ist nicht Bestandteil ihrer Welt und soll es auch nicht werden. Du kannst sie getrost weiterziehen lassen.

Welcher Typ bist du?

Damit sind wir am Ende meiner Typen-Analyse angekommen. Wo konntest du dich sehen? Und mit welchen Kunden hättest du am liebsten zu tun? Fehlt dir noch ein Typus Mensch in der Auflistung, den du auch schon beobachten konntest? Dann immer gerne ab in die Kommentare damit 🙂

Natürlich wird man Menschen mit dieser Beschreibung in Reinform so nicht unbedingt antreffen. Ich habe hier Verhaltensweisen sehr überspitzt dargestellt. Wir werden uns alle mal bei dem ein oder anderen Verhalten ertappen. Ich selbst bin am ehesten eine Mischung aus Still-Zögerlich und manchmal auch echt Selbstwertbefreit, wenn es darum geht, mir selbst etwas zu gönnen.

Aber wie heißt es so schön, Erkenntnis ist der erste Schritt zur Veränderung. Wenn wir uns selbst ertappen, können wir es beim nächsten Mal anders machen oder anders reagieren, wenn uns ein bestimmtes Verhalten entgegengebracht wird.

Die Kunst des Marketings

In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine Kollegin von mir zitieren, die nicht müde wird zu betonen: „Ein Drittel der Menschen interessiert sich nicht für dich, ein Drittel der Menschen findet dich und das was du tust scheiße und ein Drittel der Menschen findet das, was du tust und wer du bist, richtig super.“ Genau dieses letzte Drittel gilt es zu erreichen und anzusprechen und dann noch jene herauszufiltern, die auch mit dir arbeiten oder deine Produkte kaufen wollen. Und mit denen du ebenfalls gerne arbeiten möchtest.

Das ist die Kunst des Marketings. Die eigene Botschaft so zu gestalten, dass sie genau diese Menschen anzieht. Ist das noch nicht der Fall und deine Kunden sorgen für mehr Stress als Freude, dann schau doch mal genau nach, wo du zu sehr die Verhaltensweisen der Menschen bedienst, mit denen du eigentlich nicht arbeiten möchtest und wie du die Menschen noch besser erreichen und adressieren kannst, mit denen du stattdessen arbeiten möchtest. Was mögen sie, was wollen sie hören und sehen? Und das dann stetig ausbauen und laufend verbessern.

Und wenn du die Erfahrung machen und mal auf dem Weihnachtsmarkt arbeiten möchtest (geht ja auch nur stundenweise am Wochenende), dann sag mir Bescheid und ich vermittle dir Kontakte. 😉

Ich stehe übrigens für Wollbebi auf dem Weihnachtsmarkt und mag diese Herausforderung des körperlich fordernden und sozialreichen Arbeitens als Ausgleich zu meinen Schreibtisch-Tätigkeiten.

In diesem Sinne, eine schöne Adventszeit und frohe Weihnachten.

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