Geh leben

Musik ist ein ständiger Begleiter in meinem Leben. Sie kann mich himmeln aber auch erden, kann mich fröhlich machen oder wütend, Traurigkeit hervorbringen oder mich trösten, meinen Körper in Bewegung versetzen oder mich ruhig werden lassen.

Manch eine Musik begleitet mich gefühlt seit Ewigkeiten. So sind es in vielen Lebensphasen die Lieder der bereits verstorbenen Chanson-Sängerin Christiane Weber, die mein Lebensgefühl musikalisch ausgedrückt haben. Immer wunderbar am Klavier begleitet von ihrem Kollegen Timm Beckmann. Ein besonders schönes Stück möchte ich hier heute vorstellen, unbedingt anhören: Geh leben. (Auf Youtube anhören)

Das Lied hat einen wunderschönen, poetischen Text, der uns daran erinnern soll, nicht immer nur in der Warteposition zu verharren, sondern uns ab und zu ins Abenteuer Leben zu stürzen. Auch wenn es weh tun könnte. Lass nicht alle Chancen vergehen.

Es ist ein liebevoller und gleichsam drängender Weckruf an alle Angepassten und Vorsichtigen, Angsthasen und Langsamen, Gewohnheitstiere und von innen Verpanzerte, Orientierungslose und Verkopfte, rund um die Uhr Beschäftigte, sowie all jene, die immer schon gespürt haben, dass es doch noch mehr geben muss und nur nicht wissen, wo es zu finden ist. Kurz, das Lied ist für Menschen. Es ist für Menschen, in denen das Herz noch schlägt und das endlich gehört werden will. Ihm verleiht die Sängerin eine Stimme. Und dann „geh die Wunder doch suchen“.

Wie könnte es bei diesem Thema besser sein, das Lied endet mit einem Memento Mori, gedenke des Todes:

Die Sängerin dieses Liedes ist mit 36 Jahren an Krebs verstorben. Es hat mich damals so unglücklich gemacht, davon zu erfahren. Ich glaube, sie hat das Beste aus ihrem Leben gemacht, was sie in dieser vergleichsweise kurzen Lebenszeit tun konnte und viele, viele so wunderschöne und auch wirklich humorvolle Lieder herausgebracht, in denen sie weiterlebt.

Und sie ist, wie all die anderen, die vor uns gegangen sind, das Mahnmal für uns noch Lebende: Lasst uns den Tod nicht leugnen, er ist immer und überall da und keiner weiß, wann er oder sie an der Reihe ist. Mit diesem Gewahrsein lasst uns die Dinge tun, die getan werden müssen, damit wir am Ende sagen können, es war schön, ich war gerne hier und habe es ausgekostet.

Dafür muss man nicht leichtsinnig sein oder alles Bisherige über den Haufen schmeißen. Es genügt eine dicke Portion Ehrlichkeit, vor allem vor sich selbst: Was möchte ich wirklich mit meinem Leben anfangen und wo mache ich mir etwas vor oder lebe faule Kompromisse, die mich von dem abhalten, was ich eigentlich tun möchte. Und dann braucht es den Mut, etwas zu ändern. Warte nicht mehr. Geh leben.

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