Das tiefe Gefühl von Gottvertrauen zu fühlen, ohne zu wissen, ob es einen Gott überhaupt gibt, darüber sinniere ich in diesem Artikel. Und beginne mit einer Anekdote, die mir meine Oma einst erzählt hat. Diese Geschichte hat sich viele Jahrzehnte zuvor in der Kirchengemeinde ereignet:
Der Pastor hielt eine Predigt und zitierte aus der Bibel die Stelle, wo es sinngemäß heißt, werft all eure Sorgen auf Gott, denn er sorgt für euch. Eine Frau hörte dieser Predigt zu. Einige Wochen später traf der Pastor sie und fragte nach ihrem Befinden. Und sie antwortete im Dialekt „Ech haul mech am Schmieten“ (Ich halte mich ans Schmeißen).
Was haben wir über diese Geschichte gelacht. Und gleichzeitig rührt mich diese Anekdote so an. Wie einfach es doch sein kann, wenn wir in einem unerschütterlichen Gottesglauben sein können und alles, was uns sorgt, einer höheren Macht anvertrauen. In meiner Vorstellung sehe ich diese Frau, wie sie ihre Sorgen zu einem imaginären Klumpen zusammenknüllt und in Richtung Gott wirft. Da, nimm, und kümmere dich.
Getragen durch Gottvertrauen
Ich stamme aus einer Familie, die sehr stark im evangelisch-reformierten Glauben verwurzelt ist. Als ich sechs Jahre alt war, begannen meine Eltern, sich aus diesem Rahmen zu lösen, das Konstrukt Kirche in Frage zu stellen und sind auf Tuchfühlung mit östlichen Weisheitslehren gegangen. So kam auch für mich der erste Bruch im christlichen Glauben zustande und im Laufe der Jahre bekam ich Zugang zu Büchern, die meinen Geist fütterten und den Horizont weiteten. Und ich habe mich selbst auch aus dem christlichen Glaubensrahmen gelöst und in viele andere spirituelle und philosophische Richtungen geschaut.
Und doch fühle ich mich in manchen Momenten gehalten und getragen. Gebe ich meine Sorgen und Nöte ab, weil ich mich als Teil eines großen Ganzen erlebe, dass ich zwar nicht Gott, sondern einfach das Leben nenne. Aber das, was ich in diesen Momenten fühle, ist das, was sich am besten mit dem Begriff Gottvertrauen beschreiben lässt. Das Gefühl, dass alles seine Richtigkeit hat und ich mich nicht sorgen muss, weil alles ist, wie es ist. Weil ich ein Ausdruck dieses Ganzen und immer und jederzeit am richtigen Ort bin. Und dieses Gefühl macht mich dann ganz leicht und unbeschwert.
Und es ist genau das, was mir meine Großeltern vorgelebt haben: unerschütterliches Gottesvertrauen, von dem sie sich ein Leben lang getragen fühlten.
Was glaubst du?
Ob es einen Gott gibt oder nicht, dass darf bitte jede und jeder für sich entscheiden. Die eigentliche Frage ist doch, was gibt uns Halt im Leben? Welcher Glaube hilft uns? Welcher Glaube bringt uns weiter auf unserem Weg? Und welcher Glaube richtet uns wieder auf, wenn wir ins Straucheln kommen?
Denn dass wir alle an irgendetwas glauben, daran besteht kein Zweifel. Auch der Glaube, nichts zu glauben, beruht nur auf einer Überzeugung. Und das Wort Glaube meine ich hier seeehr weit gefasst und nicht nur auf eine religiöse Überzeugung beschränkt. Frage mal dein Unterbewusstsein, was es alles für Glaubenssätze und Überzeugungen abgespeichert hat.
Unser Glaube und unsere Überzeugungen können uns aufrichten oder zu Boden drücken. Beides ist möglich. Da ist die bewusste Frage danach „Was glaubst du?“ meines Erachtens mehr als angebracht.