Selbstsabotage: Wenn die inneren Widersacher den Ton angeben und was du dagegen tun kannst

Wie willst du herausfinden, wozu du in der Lage bist und welche Möglichkeiten du im Leben hast, wenn du dich von deinen inneren Widersachern ständig ins Bockshorn jagen lässt? Gar nicht.

Was braucht es also, um über dich hinauszuwachsen und dir neue Handlungsräume zu erschließen? Zuallererst die Erkenntnis, dass diese inneren Saboteure in dir aktiv sind. Denn oftmals sind wir so mit ihnen identifiziert, dass wir sie gar nicht in Frage stellen.

Wie du ihnen begegnen und mit ihnen umgehen kannst, dazu habe ich hier einige Anregungen zusammengetragen.

Verständnis für die inneren Widersacher entwickeln

Wenn du verstehst, warum es diese inneren Saboteure überhaupt gibt, kannst du sie mit anderen Augen sehen. Diese inneren Mechanismen sind nichts anderes als Überlebensprogramme. Sie schreiten ein, wenn sie Gefahr wittern, dass sich schmerzhafte Erfahrungen wiederholen könnten. Das können unsere eigenen Erfahrungen sein, aber auch epigenetisch vererbte, traumatische Erfahrungen unserer Vorfahren können eine Rolle spielen.

Eigene schmerzhafte Erfahrungen hat nahezu jeder Mensch im Laufe seines Lebens gemacht. Manchmal in akuten, bedrohlichen Situationen, viel öfter aber durch lang andauernde, destruktive Dynamiken und Verhaltensmuster unserer Umgebung. Diese haben auf offensichtliche oder subtile Art und Weise auf unsere Entwicklung eingewirkt. Als Kinder und Jugendliche sind wir dem hilflos ausgeliefert und müssen Strategien entwickeln, wie wir trotz ungünstiger Bedingungen überleben können. Also passen wir uns an.

Hier ein paar Beispiele für Anpassungsstrategien:

  • Leistung erbringen, um uns Liebe zu sichern.
  • Hilflos agieren, um Aufmerksamkeit und Unterstützung zu bekommen.
  • Eine hochsensible Wahrnehmung ausprägen und die Umgebung ständig auf Gefahren abscannen.
  • Erspüren, was unser Gegenüber gerade braucht und dann versuchen es allen recht zu machen, um nicht abgelehnt zu werden.
  • Still und unsichtbar zu sein, um kein Missfallen zu erregen.

All das geschieht natürlich unbewusst. Im Laufe der Jahre perfektionieren wir diese Strategien und so werden sie ein ganz selbstverständlicher Teil von uns.

Ihnen zugrunde liegen oftmals auch erworbene, nicht sehr hilfreiche Annahmen über uns selbst, wie:

  • „Ich bin nicht gut genug“
  • „Ich bin nicht liebenswert“
  • „Ich habe es nicht verdient“
  • „Ich kann das nicht“ usw.

Diese inneren Mangelzustände versuchen die Saboteure zu vertuschen, indem sie allen das Gegenteil beweisen wollen: „Ich bin zwar nicht gut genug, aber wenn ich einfach alles perfekt mache, dann merkt das hoffentlich keiner“ oder „Wenn ich zu allen lieb und nett bin, dann merkt hoffentlich keiner, dass ich eigentlich gar nicht liebenswert bin“.

Wenn du also plötzlich anders handeln willst, als deine inneren Wächter es normalerweise einfordern und gewohnt sind, rufst du sie damit automatisch auf den Plan. Sie werden versuchen, zu verhindern, dass du vom ausgetretenem Pfad abweichst. Ihr übergeordnetes Ziel: dich zu schützen und dein Überleben zu sichern und vor allem nicht mit diesen scheußlichen Gefühlen in Verbindung zu kommen, die damals zu schmerzhaft waren. Ist doch eigentlich ganz gut gemeint, oder? Aber leider alles andere als dienlich, wenn du dich im Leben neu erfahren willst. Wenn du endlich leben willst, statt zu überleben.

Im ersten Schritt hilft dir daher Erkenntnis und Verständnis. Wie und wodurch sind meine Saboteure entstanden? Welchen Sinn und Zweck hatten sie einst?

Gib deinen inneren Saboteuren einen Namen

Wenn du einen inneren Widersacher als eigenes Wesen ansiehst, ihm vielleicht sogar noch einen Namen gibst, dann schaffst du automatisch eine Distanz zu ihm: Ich bin hier, dort ist der Perfektionismus, z.B. in Form von Mrs. Perfect. Jetzt kann ich mich mit Mrs. Perfect unterhalten.

So kannst du die Saboteure zum einen mehr und mehr in ihrer Eigenart erkennen, wie sie funktionieren und wirken. Und zum anderen kannst du im Dialog mit ihnen auch bewusst entscheiden, dass du trotzdem anders handeln wirst, als dir Mrs. Perfect vorgeben möchte. Und wenn sie damit nicht einverstanden ist, lernen, ihr die Stirn zu bieten und vielleicht mal absichtlich etwas ganz unperfekt machen. So kann auch Mrs. Perfect nach und nach lernen, dass die Welt nicht untergeht, auch wenn es mal nicht perfekt ist.

Und man kann im Dialog mit den inneren Anteilen auch klären, was sie benötigen, um zu kooperieren. In meinen Coachings arbeite ich daher auch direkt mit diesen Subklienten. Heißt, ein Gefühl oder ein Verhalten wird zum eigenständigen Klienten.

Für mich selbst habe ich mich für einen kreativen Umgang mit diesen Anteilen entschieden: für meinen Instagram-Kanal erschaffe ich kurze Videos zum Thema Inneres Team und lasse diese inneren Anteile vor der Kamera auftreten. Denn der Schritt in die Selbständigkeit hat meine inneren Saboteure vehement auf den Plan gerufen, weil ich meine Komfortzone damit deutlich überschritten habe. Das ging so weit, dass der Stress zeitweilig in Panikattacken umschlug und mich Selbstzweifel völlig zermartert haben. Da ich an meiner Business-Idee aber festhalten wollte, musste also eine Möglichkeit her, wie ich mit meinen inneren Saboteuren zurechtkomme. Womit wir zum nächsten Punkt kommen.

Das Gefühl von Sicherheit schaffen

Die inneren Saboteure herauszufordern, ist eine nervenaufreibende Sache. Und genau das passiert in der Herausforderung: die Nerven liegen blank. Daher ist es gut, wenn wir wissen, wie wir uns selbst wieder beruhigen können. Denn die Biochemie läuft einfach ab, das lässt sich nicht ändern. Der Körper wird von Stresshormonen geflutet. Oftmals kein schöner Zustand. Je größer und länger anhaltender der Stress ist, umso unangenehmer wird es. Sich mit dem Thema Nervensystemregulation zu beschäftigen, ist hier ein hilfreicher Schlüssel.

Prüfe also Mittel und Möglichkeiten, wie du bei akuten Herausforderungen wieder zu innerer Ruhe zurückfindest. Und damit meine ich nicht Alkohol und Süßigkeiten 😉
Wenn ich meine inneren Saboteure herausgefordert habe, hilft mir oft ein Spaziergang im Wald. Die Bewegung und frische Luft klärt die Gedanken und besänftigt das Gemüt.

Hier sind weitere Ideen zur Regulation: Yoga, Meditation, Atemübungen, Massage, gezielte Bewegungen, die direkt aufs Nervensystem einwirken, Tanzen, eine Umarmung, eine kurze Ruhepause, ein Entspannungsbad, Gedanken niederschreiben… Jeder Mensch reagiert anders, finde daher deine persönlichen Hilfsmittel für dich heraus.

Der Sinn und Zweck dahinter: Außerhalb deiner Komfortzone setzt du zwar neue Impulse. Aber um diese wirklich verarbeiten und das Neue verinnerlichen zu können, braucht es das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen. Daher solltest du diesen Zustand nach jedem Ausflug, den du außerhalb deiner Komfortzone machst, wieder aktiv erschaffen. Deine Grenzen dehnen sich dabei dann nach und nach.

Und damit komme ich zum nächsten Tipp: nicht zu viel auf einmal zu wollen.  

Beginne mit kleinen Herausforderungen

Fange mit kleinen Herausforderungen an und verlange nicht zu viel auf einmal. Unser System benötigt Zeit, um die Herausforderung zu integrieren und sie nach und nach zum neuen Normal werden zu lassen. Wenn du zu viel auf einmal willst, steigt die Gefahr, dass du in eine Überforderung rutschst. Das heißt in einen länger andauernden Alarmzustand, der deine inneren Saboteure eher stärker macht. Sie werden in diesem aufgewühlten Zustand so lange auf dich einhacken, bis du kleinbeigibst und zum alten Verhalten zurückkehrst.

Lieber viele kleine Schritte machen, als einen zu großen, der dich direkt zurück katapultiert. Herausfordern darfst du dich bzw. die Saboteure aber dennoch. Einfach mal machen, könnte ja gut werden.

Und für die akute Herausforderung hast du, wie oben beschrieben, bestenfalls Mittel und Möglichkeiten für dich gefunden, um zügig wieder in die Balance zu kommen. Wenn du den Armlängentest beherrschst, kannst du auch austesten, was dir jetzt gut täte.

Selbstannahme üben

Nicht jede Herausforderung wird sofort gelingen. Manchmal werden die Widersacher die Oberhand behalten. In diesen Momenten darfst du nachsichtig mit dir sein. Versuche, dich nicht dafür kleinzumachen, dass es noch nicht geklappt hat (das käme vermutlich wieder von einem inneren Saboteur). Sprich dir Mut zu und vergegenwärtige dir noch einmal, welche wichtige Aufgabe deine inneren Saboteure in deinem Leben hatten und dass es wirklich Überzeugungskunst und eine gewisse Hartnäckigkeit braucht, sie umzustimmen. Vielleicht brauchen deine Gegenspieler noch etwas, um besser kooperieren zu können. Nimm den Dialog mit ihnen wieder auf.

Was kannst du in dem Fall noch tun? Vielleicht war der Schritt, den du dir vorgenommen hast, doch etwas zu groß für den Anfang und dein Nervenkostüm dadurch etwas zu sehr aus der Balance geraten? Dann sorge erst mal wieder für Ruhe, um danach mit dem nächsten kleinen Schritt einfach erneut loszulegen.

Und ganz wichtig, wenn dir etwas gelungen ist, dann vergiss nicht, dich selbst zu feiern. Klopfe dir auf die Schulter, mache einen Freudentanz und schenke dir die Anerkennung, die dir für einen gelungenen Schritt wirklich zusteht.

Aber ich traue mich nicht

Und wenn du dir gar nichts zutraust? Dann hole dir jemanden an deine Seite, der dir übergangsweise Mut macht und dich stützt, bis du dir die Schritte alleine zutraust. Auch das ist ok. 🙂

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